Samstag, 3. August 2013

Nähen für mein zweites Hobby

Singen in verschiedenen Chören ist mein zweites Hobby. Mein Liebster und ich sind in drei verschiedenen Chören und nehmen noch Gesangsunterricht.
Im letzten Jahr führten wir zur Weihnachtszeit das Oratorium "Der Messias" von Händel auf. Dazu war ein besonderes Outfit notwendig: Unten herum lang und schwarz, oben herum schwarz mit roten Akzenten bei den Damen, bei den Herren ein schwarzes Hemd mit rotem Schlips zum schwarzen Anzug.
Glücklicher Weise bekamen wir die Information schon im Sommer, so dass ich genug Zeit gehabt hätte, mir etwas zu nähen.



Die Auflage, Rot nur obenherum zu tragen, habe ich etwas umgangen, denn diese niedlichen roten Stiefelchen in meiner Größe (36!) standen bei einem Stadtbummel plötzlich vor mir und riefen "nimm uns mit"!
Das rote Oberteil ist auch gekauft - die Schneiderei der Jacke hat soviel Zeit in Anspruch genommen, dass ich nicht mehr dazu kam, mir etwas zu nähen. Es ist nur ein einfaches rotes T-Shirt; wenn ich mir was genäht hätte, hätte ich mir was anderes ausgesucht vielleicht dies hier, über einem schwarzen Shirt:

Modell 130 aus der Juni-Burda 2002

Der schwarze Stoff ist ein Wolle-Gemisch, das Stand hat und sich gut verarbeiten ließ.
 
Der Rock war das einfachste Teil des Outfits, nach diesem Schnittmuster genäht:

Modell 133 aus der September-burdastyle 2009

Die Godets setzte ich etwas tiefer an, weil ich leicht durchscheinenden Spitzenstoff dafür nehmen wollte. Meine 60jährigen Beine sind im oberen Bereich nicht mehr so schön, dass ich sie hätte zeigen wollen.

Die Fotos sind erst in diesem Frühjahr entstanden, vorher bin ich garnicht dazu gekommen, welche zu machen. An diesem Tag war es so warm, dass ich keine Strümpfe drunter trug - zur Aufführung im Dezember trug ich natürlich blickdichte schwarze Srumpfhosen!

Für die Jacke hatte ich mir dieses Schnittmuster ausgesucht:




Das war das schwierigste Stück Arbeit, das gut gelingen und deshalb mit aller Gründlichkeit getan werden sollte.
Zuerst war ich irritiert, weil die Schnittbögen so anders aussehen als die gewohnten Burda-Schnitte. Mit den Dreiecken und Kreisen musste ich mich erst mal vertraut machen. Als mir dämmerte, dass alle Teile mit Nahtzugabe aufgedruckt waren, begriff ich den Schnitt leichter. 
Zuerst kopierte ich ihn, so wie er war, mit mittelschwerer Malerfolie (aus dem Baumarkt) und dünnen wasserfesten Stiften (für CD-Beschriftungen). 
Dabei berücksichtigte ich meine Standard-Änderungen: Größe 42 im Oberteil, ab ca. 4 cm unter der Achsel sanft zu Größe 44 wechseln; 5 cm kürzen am rechten Ärmel, 10 cm am linken.
Um mit der ungewohnten Nahtzugabe von 1/2 Zoll (1,3 cm) klar zu kommen, zeichnete ich mir die Schnittlinie in die Schnittmuster-Teile ein und erstellte mir noch einen Schnitt ohne Nahtzugabe.
Dann schnitt ich mir einen Probemantel aus alter Bettwäsche zu.
Zum Zuschneiden steckte ich erst die Teile ohne Nahtzugabe auf den Stoff, dann die mit Nahtzugabe darüber. Jetzt war das Ausschneiden kein Problem mehr.
Als ich die obere Schicht des Schnittes abnahm, konnte ich ohne Schwierigkeiten die Nahtlinie nachzeichnen. 
Auf dem Originalstoff markierte ich die Linie mit Heftfäden!
Aber zuerst war das Zusammensetzen angesagt: Ich musste erst rumprobieren, um genau herauszufinden, wie die Ärmel an das Vorder- und Rückenteil zu nähen sind. Prompt nähte ich bei dem Muslin die falschen Nähte zusammen, aber dann klappte die Näherei gut und - oh Wunder - das Teil passte auf Anhieb!



Beim Zuschneiden des Originalstoffes fiel mir auf, das dieser doch leicht ausfranst. Also bügelte ich an die spitzen Innen- und Außen-Ecken sofort Vlieselinestücke, damit beim Hantieren mit den Teilen nichts passiert.
Vlieseline bügelte ich später sowieso noch dahinter, damit die Jacke guten Stand bekam.
Zu dieser Zeit war ich geradestolze Besitzerin einer neuen Babylock, die unbedingt zum Einsatz kommen sollte. Beinahe hätte ich bei der Aktion die Teile mit den spitzen Innen-Ecken verdorben, denn das Messer der Overlock schneidet schon ein Stück bevor die Naht anfängt! Glücklicher Weise fiel mir das sofort auf und ich konnte vorher stoppen. Die Ecken waren ja auch mit Vlieseline gesichert, da konte nicht so viel passieren, wenn sie zunächst noch unversäubert blieben.
Dann wurde alles nach und nach mit Reihgarn geheftet.
Die spitzen Ecken zu nähen war eine große Herausforderung, Drehungen mussten beachtet und Einschnitte an der richtigen Stelle gemacht werden.
Irgendetwas ist dann doch noch im hinteren Kragen-Bereich schief gegangen, beim Muslin passte der Kragen tadellos (was mich selbst erstaunt hat), aber beim Originalstoff-Zuschnitt ist er zu kurz geworden! Es waren nur Millimeter, aber es frustierte mich ziemlich: Die Rückennaht musste oben verengt werden, also auftrennen, neu heften, anpassen, auftrennen, nochmal anpassen und endlich nähen. Glücklicher Weise habe ich es ohne Beule hinbekommen.
Die Raglan-Ärmelnaht auf der Schulter passte auch nicht so ganz. Obwohl ich Schulterpolster einarbeitete, musste ich etwas abschneiden, um sie weniger steil zu machen. Vielleicht hatten die Frauen im Jahr 1935 geradere Schultern als heute ...
Die blödeste Arbeit war dann, die Heftfäden zu entfernen, von denen ich einige Kilometer gebraucht hatte.
Das Futter war dann einfach zu nähen, da wusste ich schon, wie es ging und hatte auch die Nahtzugabe gut im Griff. 
An den Ärmeln nähte ich das Futter am Handgelenk mit der Maschine an, die Nähte am Futterärmel zum Körperfutter nähte ich mit der Hand. Das scheint mir der sinnvollste Weg zu sein.
Die Abnäher in der Taille und am Rücken habe ich weggelassen, die leichte Kurve der Schnittteile im Taillenbereich reicht für meine Figur aus.


Alles in allem bin ich mit dem Vogue-Schnitt sehr zufrieden, die Passform ist hervorragend!

2 Kommentare:

  1. du überraschst mich aufs neue!:-)
    tolle modelle hast du dir ausgesucht.vogue ensemble ist uzmwerfend.das modell kannte ich nicht mal. die idee mit den spitzen-keilen finde ich auch grossartig!
    das gesamtoutfit find ich auch super zum dem anlass!

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